Ein Paddelwochenende: Von Zeitz nach Leipzig auf der Weißen Elster

4. Februar 2022
4. Februar 2022 markus

Die Idee

2021 war der Beginn einer, hoffentlich anhaltenden, Tradition:

Ein Wochenende im Jahr gehört den Geschwistern der Familie. Nicht das wir, also ich bin ein Teil davon, das Zepter in die Hand nehmen und allen anderen vorgeben, was zu tun und zu lassen sei, nein, an einen Wochenende unternehmen wir beide etwas zusammen.

Und als Premiere kamen so einige Vorschläge zusammen, doch schnell war klar, das was Viele noch nie gemacht haben, wollten wir beide durchziehen: Eine Paddeltour über zwei Tage von Gera nach Leipzig auf der Weißen Elster.

Doch leider war schnell klar, dass die 74km wohl nicht in 2 Tagen bei gemütlichen Tempo zu schaffen sind.
Das bestätigte auch Michael Trummer, ehemaliger Kanute und ehem. Chef-Bundestrainer der Slalom-Kanuten, der mit seinen Bootsverleih Elstertal uns nicht nur das Boot, sondern viele wertvolle Tipps auf dieser touristisch kaum erschlossenen Wasserstraße gab.

Also folgten wir seinen Ratschlag und so wurde als Startpunkt die ehemalige Neumühle in der Nähe von Haynsburg festgelegt, an der sich auch eine Slalomstrecke des Kanuverein Zeitz e.V., dessen Vorsitzender zufällig auch Michael ist, befindet.

Los gehen sollte es an einen Freitag, Mitte Juni. 2 Tage paddeln und wir hätten den Sonntag zum Ausruhen. Klingt nach einen Plan, der nur noch umgesetzt werden musste…

Tag 1: Von Haynsburg nach Pegau

Wie es der Zufall nun mal will, hatten wir uns auf ein Wochenende festgelegt, an dem sich die Temperaturen knapp an der 30 Grad-Marke bewegten-ideale Vorrausetzungen für eine Paddeltour auf einen Fluss, der vielerorts kein Schatten bot.
Egal, Hauptsache es regnet nicht.

Gleich vorweg: Wie schon beschrieben, ist der Fluss hier so gut wie nicht touristisch erschlossen: Keinerlei Camps, an denen man mal anhalten und Pause machen kann oder zum Teil gibt es nicht mal markierte Ausstiegsstellen vor Wehren. Nicht verwunderlich, dass wir an diesen Freitag vom Anfang bis zum Tagesziel völlig alleine auf den Fluss unterwegs waren. Ob sich das an den Wochenenden änderte, ist fraglich.

Nun gut, ab ins Wasser und los gings.

Nach nicht mal 45min war unsere erste Umsetzstelle schon erreicht: Am Wehr Großosida waren 200m Tragen angesagt. Bei einen 3er Kanadier samt Rucksäcken und bei solchen Temperaturen war das gleich zu Beginn kein Vergnügen. Zum Glück hatte jemand eine Schneise durch das dicht bewachsene Gebüsch geschlagen, so dass wir zumindest den Weg nicht verfehlen konnten.

Zurück im Wasser, kam nach einer weiteren halben Stunde die Stadt Zeitz in Sicht, die uns mit einer fast 2km langen Geraden begrüßte. Hier gab es recht wenig Strömung und anfangs behinderten die Wasserpflanzen auch die Paddelei. Vorbei am Bahnhof und am Stadion führte uns der Weg weiter, in Richtung Tröglitz. Oben rechts auf den Berg konnten wir das für Wein bekannte Kloster Posa sehen. Hoffentlich wirken die Förder-Millionen vom Land in den nächsten Jahren und man kann am Fluss einen Wein genießen so wie es an der Saale und Unstrut schon Gang und Gebe ist.

Kurze Zeit später waren wir am nächsten Wehr, in Tröglitz, angekommen. Leider war eine Ausstiegsstelle weder markiert, noch erkennbar. Also wird mal wieder improvisiert. Über einer steile Uferböschung ging es am linken Flussufer raus, über eine, zum Glück verlassene, Kuhweide am Wehr vorbei und wieder ins Wasser. Hier stellte sich heraus, das energisches Ziehen des Bootes über das Gras weitaus weniger anstrengend ist, als das Tragen. Dieses Wissen sollte uns im weiteren Verlauf unserer Tour noch mehrmals nützlich sein.

Da wir unseren Zeitplan schon hinterherpaddelten, schlug uns Michael, vor dem Wehr Bornitz, vor, uns abzuholen und uns 3km Luftlinie entfernt wieder einzusetzen. Einen Vorschlag, den wir nach 4 Stunden Paddelei und gestiegenen Temperaturen nicht ausschlugen, den eine kurze Fahrt in einen klimatisierten Auto wirkt Wunder.

Die wieder erlangte Kraft führte uns weiter zu einen nicht gerade schön zu paddelnden Abschnitt dieser Tour: Die Weiße Elster schlängelte sich sehr auf den nächsten Kilometern durch die Landschaft und so zog sich die Strecke zu dem, gerade mal 3km Luftlinie entfernte nächste Wehr, enorm in die Länge. Nicht schlimm, denn so konnten wir unsere Fähigkeiten, um Kurven zu paddeln, mehr oder weniger verbessern.

Über dieses Steinwehr konnten wir zum Glück unser Boot recht mühelos ziehen, denn keine 500m weiter, sollten wir unsere Kraft für das nächste Umsetzen an der Sohlschwelle Profen brauchen. Wie so oft bisher, gab es auch hier noch keine gebaute Aus-und Einsetzstelle, hier ging es einfach nur steil eine Betonfläche nach oben und wieder herunter.

Aber das Tagesziel war nahe…laut Handy, waren wir nur noch 5 Kilometer von Pegau entfernt. Das motiviert!
Bis zu unserer Aussetzstelle, bei der Reitschule Pegau, bahnte sich die Weiße Elster fast gemütlich in großen Bögen durch die Landschaft, ehe wir in recht dichte Baumvegetation kamen, die wir von der bisherigen Strecke nur wenig kannten.

Pegau war die erste Ortschaft nach Zeitz, durch die die Weiße Elster floss, umso mehr freuten wir uns, als wir einen recht gut gebauten Anlegeplatz vorfanden, dessen Kannte jedoch wegen des wenigen Wassers, ungefähr 50cm höher als unser Boot lag. Zum Glück waren wir an sowas schon gewöhnt. Also hoch das Boot und mit einen Fahrradschloss an einen Mast festgemacht.

Hoch die Hände, wir hatten unser Tagesziel erreicht! 

Also Rucksack und Paddel geschultert und ab ging es zu unserer Unterkunft, einen schönen Eiscafe mit Pension, in der der wir im Vorfeld schon ein Zimmer gebucht hatten. Das lag rund einen halben Kilometer von unseren Anlegeplatz entfernt, im Stadtzentrum von Pegau. Die Innenstadt von Pegau überraschte uns mit schönen Häusern, einer gepflegten Umgebung und einen tollen Marktplatz. Das hatten wir so nicht erwartet.
Schnell wurde das Zimmer bezogen und erst nach dem Duschen sah man die deutlichen Farbunterschiede auf der Haut- die Sonne hatte ganze Arbeit geleistet.
Nach einen schönen, aber auch anstrengenden Tag, hatten wir und ein deftiges Abendessen wirklich verdient. Unsere Wahl fiel auf nicht ein, sondern auf das griechisches Restaurant, das in einen Teil des Rathauses zu finden war. Was wir nicht wussten: das Syrtaki hatte einen sehr guten Ruf, auch weit über die Pegauer Stadtgrenzen hinaus. Nur mit Glück konnten wir uns einen Tisch, des sonst immer fast immer ausgebuchten Restaurants sichern.

Man mag es glauben oder nicht, nach so einen Tag schmeckt da erste kühle Bier doppelt so gut.

Nach den leckeren und sehr reichhaltigen Essen, blieben wir aber nicht mehr lange- zu sehr schien uns das Bett zu rufen…

Tag 2: Von Pegau nach Leipzig

Gut ausgeschlafen, ging es am Samstag morgen weiter:
Sachen packen, gut frühstücken und ab in Richtung Boot, das zum Glück noch da lag.

Kurz vor 9 Uhr, setzten wir es wieder ein und weiter ging unsere Tour, immer stromabwärts in Richtung Leipzig.
Die Ufer waren in den nächsten 1,5km wieder reich mit Bäumen bewachsen, ehe wir erneut in ein recht offenes Gelände links und rechts vom Fluss paddelten.
Wir passierten den markanten Funkmast Sender Wiederau und auch die kleine Ortschaft Döhlen, eine von wenigen, die direkt an der Weißen Elster lagen.
Kurz nach Döhlen wurde es ein wenig unwirklich. Hier zeigte sich, wie sehr der Bergbau die Natur verändert hat: Wir kamen an ein künstlich angelegtes Becken, von den ein betonierter Kanal weiterführte. Nur noch die Karte verriet uns den ursprünglichen Verlauf der Weißen Elster.
Dieser führte direkt in den ehemaligen Tagebau Zwenkau, heute der Zwenkauer See.
Als man mit den Kohleabbau begann, wurde der Fluss kurzerhand in diesen Betonkanal verlegt, während der natürlich entstandene Flussverlauf im Nichts endete.

Nun führte uns diese Betoninrinne, die nun auch offiziell Weiße Elster hieß, mit einen großen Bogen, links am Zwenkauer See vorbei. Links und Rechts nur eine flache Betonböschung mit kaum Vegetation. Keinerlei Schatten für die kommenden 10km…Das macht richtig Freude bei praller Sonne und hochsommerlichen Temperaturen.
Trotzdem kamen wir erstaunlich gut voran, besser als wie bisher.

Kurz vor der Autobahnbrücke, über die die A38 verläuft, kamen wir am Staubecken Leipzig-Hartmannsdorf an. fast schon geübt hoben und zogen wir unser Boot über die Böschung und setzten es kaum 100m weiter ein.
Während auf der rechten Seite, für uns leider nicht sichtbar, der Cospudener See begann, schlängelte sich die Weiße Elster in einer letzten S-Kurve in der Betonrinne, und vorbei am Freizeitpark Belantis, bevor wir unterhalb des Knauthainer Parks wieder in den natürlichen Flussverlauf kamen.

Hier begann auch der landschaftlich schönste Teil unserer Tour: Wir kamen in einen herrlichen, dicht mit Laubbäumen bewachsenen, Wald, der uns Schatten spendete, so wir uns das schon länger gewünscht hätten. Rund 3km weiter, gelangten wir am Wehr Großzschocher an. Durch die mittige Bootsrutsche (übrigens war das das erste Bauwerk, bei den an Wassertourismus gedacht wurde) hätten wir uns es einfach machen können, aber soviel Vertrauen hatten wir doch noch nicht in unsere Paddelkünste. Das diese Bootsrutsche wunderbar funktioniert, wurde uns eindrucksvoll von einen Wasserwanderer gezeigt, der uns erst kurz zuvor (wohlgemerkt war das der erste Paddler auf der gesamten bisherigen Tour, den wir gesehen haben!), überholt hatte.

Kurze Zeit später, und wie aus den Nichts, wurde der über uns liegende Weg von vielen Leuten bevölkert. Ein Blick auf die Karte zeigte auch woher diese kamen:
Es war einer der hauptsächlich genutzte Rad-und Fussgängerweg in Richtung der Leipziger Seenlandschaft, zu dir bei diesen warmen Sonnenwetter die Leipziger strömten.
Und diese Seenlandschaft ist das beste Beispiel dafür, dass aus einen großen Tagebaugebiet mit einen guten Plan und Visionen, ein Naherholungsgebiet entstehen kann, das man nicht so schnell wiederfindet: Wo früher Großbagger die Kohle aus der Erde holten, sind mehrere Seen mit den schönsten Wander,- Rad-, Tauch- und Freizeitmöglichkeiten entstanden. Toll!

Unser Weg auf der Weißen Elster führte uns durch ein großes Kleingartengebiet, ehe wird zum Teilungswehr zwischen der Weißen Elster und den Elsterflutbett kamen.
Hier war scheinbar der Hotspot von Radfahrern, Fussgängern und Bootstouristen, die hier zu einer Rundtour starteten. Wir nahmen Abschied von der Weißen Elster, die links durch Leipzig weiterfloss, während es für uns im Elsterflutbett weiterging.
Dieses Flutbett ist fast ein stehendes Gewässer, was die letzten 2,5km unserer Tour noch einmal anstrengend machte. Treiben lassen ist hier nicht!
Fast 2km gerade aus und dann noch eine Linkskurve, dann sahen wir unser Ziel: Die Anlegestelle an der Pferderennbahn Scheibenholz, an der bereits Michael und unser “Taxi” nach Hause wartete.
Noch einmal richtig anstrengen und dann hatten wir es geschafft. Touchdown! Ende! Fertig!

Epilog

Erstmal DANKE! wenn du dich durch soviel Text bis hierher gelesen hast.

Leider kann man eine solche Tour nicht mit ein paar Sätzen nur beschreiben, aber das es doch nun so viel geworden ist, überrascht mich selbst.

Im Grunde ist diese Tour eine Art Hassliebe: Man kämpft sich auf einen touristisch nicht erschlossenen Fluss, der erst bei Leipzig Umsetzmöglichkeiten an Wehren bietet, mit nicht üppigen sehenswerten Angeboten und das Ganze größtenteils ungeschützt vor der Sonne. Andererseits erlebt man einen recht natürlich belassenen Fluss (lassen wir mal die Betonrinne bei den Zwenkauer See weg) ohne Massentourismus.
Eigentlich ideal, wenn man mal seine Ruhe haben und ein wenig paddeln möchte und ohne den Drang zu verspüren an jeder Pommesbude anhalten zu müssen (die es ja eh nicht gab).

Bootsverleihe findet man in Leipzig genügend. Im Elstertal von Gera bis Pegau , dürfte Michael der Einzigste sein…deswegen empfiehlt sich eine kleine Tour zu Beginn…von Bornitz bzw. Ostrau bis Pegau zum Beispiel.

Bleibt wirklich zu hoffen, dass die Weiße Elster, auch als Flusslandschaft 2020-2023 ausgezeichnet, und den scheinbar zugewiesenen Fördergeldern, ähnlich touristisch erschlossen wird, wie zum Beispiel die Saale oder die Unstrut. Auch wenn es bis dahin ein sehr weiter Weg ist: Es wird sich lohnen und ich denke, man wird mehr Boote in den nächsten Jahren auf den Fluss sehen.

Tipps

  • Sonnenschutz ist wichtig!
    Ohne Sonnenbrille, Kopfbedeckung und Sonnencreme wird die Tour jäh enden.
  • Für Verpflegung sorgen!
    Unterwegs gibt es keine Möglichkeiten, nachzubunkern! Also ausreichend dabei haben.
  • Schuhe sind wichtig!
    Badeschuhe braucht man in Ufernähe und an Wehren, für die Böschungen ist festes Schuhwerk sehr ratsam!
  • Handschuhe sind empfehlenswert!
    Beim Umsetzen kann man besser greifen und sie verhindern Blasen an den Händen durch Paddeln.
  • Rat und Hilfe holen!
    Wollt ihr eine Tour machen? Fragt Bootsausleiher, wie Michael, was realistisch ist. Die kennen sich aus!
  • Orientierung verloren?
    Es gibt eine Übersicht der einzelnen Streckenabschnitte!

Tourdaten

Streckenlänge

ca. 48km

Dauer

ca. 12h reine Paddelzeit

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