Meine Meinung zu: Die TEMU-Smartwatch im Selbstversuch

11. August 2024
Posted in Ausrüstung
11. August 2024 markus

Vorwort

Smartwatches sind heutzutage aus den täglichen Leben kaum noch wegzudenken:  Viele Leute tragen eine solche Uhr und lassen Biowerte oder auch sportliche Aktivitäten mittracken, lassen sich Nachrichten aller Art darüber anzeigen oder telefonieren teilweise damit auch.

Spricht man über Smartwatches, denkt man oft gleich an die großen Namen, wie Apple, Samsung, die bekannten asiatischen Hersteller oder auch an Garmin, Suunto, Polar und Co.

Nun gibt es aber auch eine Vielzahl namenloser Anbieter, die man über die einschlägigen Plattformen, wie Amazon, Ebay oder auch TEMU bekommen kann.
Bei letzteren haben wir uns mal umgesehen und eine günstige Uhr für nicht mal 30€ bestellt, um herauszufinden, ob so eine Billiguhr wirklich nutzbar ist oder einfacher Elektronikschrott ist.

Wir waren gespannt…

allgemeine Beschreibung

Eine komplette Beschreibung mit all den Funktionen und technischen Daten findet man auf TEMU leider nicht.
Stattdessen sind auf den Produktbildern ein paar Fakten geschrieben:

1,39″-Display
Auflösung 360x360px
128MB Speicher
410 mAh-Akku (Standby bis 40 Tage…)
100+ Sport-Modis
Telefonfunktion
Kamera-Remote
sperrbar mit Zahlencode
Schlafaufzeichnung
Messung Blutsauerstoff, Herzfrequenz und Blutdruck (!)
wireless 5.2 (damit ist WLAN gemeint)

Das klingt ja alles schon mal vielversprechend. Da die Uhr kein eigenes GPS hat und somit auch nicht navigieren kann, erklärt zum Teil den geringen Speicherplatz. Musik direkt von der Uhr ist auch nicht abspielbar.
Die Uhr wurde besteht aus einer Magnesium-Legierung…also nur oberflächlich und nicht komplett daraus bestehend. Angaben zur Wasser-und Staubfestigkeit nach IP fehlen.

Achtung! Diese Uhr wurde selbst bezahlt. Niemand hat irgendwie irgendwas gesponsert.

Unboxing

Die Uhr kommt in einer weißen Box, auf der die bereits bekannten Werbebilder der Uhr abgedruckt sind.
Geöffnet, gibt’s es in der Verpackung nur 3 Dinge: Die Uhr, die Anleitung und das Ladekabel.

Das Uhrendisplay ist, wie üblich, durch eine Klebefolie geschützt, die rückstandslos zu entfernen ist.
Das Ladekabel ist recht kurz, aber ausreichend und dazu magnetisch. Praktisch, denn das Kabel lässt sich nur in der passenden Richtung an der Ihr befestigen.
Die mehrsprachige Bedienungsanleitung (oder wenn man sowas so überhaupt nennen darf) verrät nur das Wesentlichste. Eine richtige Erklärung fehlt. Diese Anleitung gibts übrigens auch als PDF auf der TEMU-Seite zum Download. Das genaue Lesen kann man sich ersparen.

Erster Eindruck

Da es nur 2 Knöpfe gibt, fällt es nicht schwer herauszufinden, wie man die Uhr startet. Erstaunlich schnell ist sie startklar und bietet auf den ersten Blick ein aufgeräumtes Standarddesign/Watchface.
Die Uhr ist erstaunlich leicht, denn besteht sie größtenteils aus Plastik und besitzt nur eine Magnesiumlegierung (geht das überhaupt?)

Auffallend ist, dass die beiden Knöpfe wackeln. Wie robust diese sind und wie lange diese halten, konnte in dem kurzen Zeitraum leider nicht herausgefunden werden.
Apropos Knöpfe: Der unterste Knopf schien tatsächlich nur das Display aus-und wieder anzuschalten, während der obere für das Starten von Aktivitäten (langer Druck) und für das Erreichen des Menüs (kurzer Druck) zuständig ist.

Die Menüs sind aufgeräumt und lassen kaum eine Frage aufkommen. Der Touch ist jedoch ein wenig gewöhnungsbedürftig- schnell hat man etwas ausgewählt oder gestartet, was man nicht wollte.
Das Display ist klar und lässt sich sehr gut ablesen.

Die Watchfaces lassen sich direkt auf der Uhr ändern. Es gibt eine Vielzahl an vorinstallierten Designs. Über die App kann man jedoch noch mehr herunterladen.
Nach der Umstellung der Sprache, erstrahlt die Anzeige recht gut übersetzt in Deutsch.

Handy-App

Die Handy-App haben wir auf Android installiert und kurz getestet. Sie ist aber auch für iOS verfügbar, schneidet dort jedoch schlechter ab. FitcloudPro, so der Name, wird scheinbar von vielen verschiedenen Anbietern als Basis genutzt, denn auf den bekannten Shops waren unterschiedliche Uhren zu finden, die eben diese App auch nutzen.

Nach der problemlosen Installation muss man ein Benutzerkonto anlegen, so wie es eben in den meisten Apps auch verlangt wird. Zur Sicherheit kann man ja für solche Fälle sich eine extra E-Mail-Adresse zulegen, denn wohin die Daten wandern, ist auch hier unklar.

Die App ist recht schlicht gehalten und bietet nur die wichtigsten Funktionen, wie z.B. Tages- und Aktivitätsübersicht, Auswertung der Grunddaten ( z.B. Schritte, Kalorien, Herzfrequenz, Geschwindigkeit) einer Aktivität, Einstellungen an der Uhr und allgemeine Einstellungen der App. Alles in allem nicht wirklich viel.

Über die App lassen sich eine Vielzahl an weiteren Watchfaces herunterladen und installieren, aber designtechnisch sind die nicht der Brüller. Allerdings lassen sich auch eigene Designs, meist mit Foto, erstellen und an die Uhr schicken. Ach, die Anzeigen der Watchfaces sind fest, also es lassen sich Datenfelder ein- oder ausblenden.

In der Praxis

Kommen wir mal, nach den ganzen Vorgeplänkel, zum praktischen Teil…

Die Uhr hat eine Auswahl an Aktivitäten in entsprechenden Menü hinterlegt, diese lassen sich jedoch problemlos über die App erweitern, so kam in unseren Fall die Aktivität „Spaziergang im Freien“ hinzu…Leider wurde diese auf der Uhr, höchstwahrscheinlich durch einen Übersetzungsfehler, anders angezeigt. So hatten 2 verschiedene Aktivitäten (ich meine Spaziergang und Wandern) auf der Uhr die gleichen Bezeichnungen.
Im Übrigen: Auch wenn diese beiden Aktivitäten sich nur wenig unterscheiden, so ist die Anzeige der Auswertung in der App aus unerklärlichen Gründen bedeutend anders. So bietet der „Spaziergang im Freien“ eine Vielzahl mehr an aufgezeichneten/angezeigten Daten als die Aktivität „Wandern“.

Wir nutzten die Uhr auch bei der Wandertour zum Großer Widderstein und wollten die aufgezeichneten Daten mit denen der Garmin fenix 6 Pro vergleichen…eigentlich…
Aus nicht nachvollziehen Gründen, stoppte die Aktivität „Spaziergang im Freien“ („Wandern“ wollten wir wegen der wenigen Daten nicht nutzen) nach genau 6h… wat?
Es soll ja Leute geben, die gehen auch mal länger als 6h spazieren…das interessiert aber anscheinend die Uhr nicht. Warum und Weshalb die Uhr nach 9,93km und 13366 Schritten keine Lust mehr hatte, wird vermutlich ein ewiges Geheimnis bleiben.

Somit war es aber auch nicht mehr möglich, die Daten am Ende direkt miteinander zu vergleichen…

Am Ende gab es also nur wenig Brauchbares zum Auswerten:  Strecke, Schritte (mit Diagramm Schritte/min) , Kalorien, Herzfrequenz (mit Diagramm), Tempo und noch andere unnütze Daten…Das war es.
Es wurde auch nicht das GPS des Handys genutzt, um die Strecke aufzuzeichnen und noch mehr interessante Daten zu sammeln. Warum???

Man kann auch Aktivitäten direkt über die Handy-App starten, ob hier dann das GPS genutzt wird, konnten wir wegen der begrenzten Zeit nicht herausfinden. Aber selbst wenn: Wo bliebe dann der Sinn der Uhr?

Am Ende blieben dann nur unsere verblüfften Gesichter nachdem wir das Ende der Aufzeichnung festgestellt und die wenigen aufgezeichneten Daten uns angesehen hatten.

Doch was Positives?

Nicht alles wollen und können wir schlecht reden:
Der Akku war nach 6h Aufzeichnung erst runter auf 90%. Nicht schlecht, auch wenn, im Gegensatz zu anderen Uhren, wenige Daten aufgezeichnet werden und der Stromfresser Nr.1, das GPS, erst gar nicht an Bord ist.

Dann kann man mit der Uhr auch telefonieren. Man brauch dazu eine Verbindung zum Handy, denn eine eigene SIM hat die Smartwatch nicht. Die Sprachqualität ist ganz gut, allerdings klingt die Stimme blechernd. Aber was soll’s? Wer sich nicht albern vorkommt mit einer Uhr zu reden, ok, das hat David Hasselhoff in den 80ern auch schon gemacht, den wird das auf jeden Fall reichen.

Das geringe Uhrengewicht lässt die Smartwatch am Handgelenk nur wenig auffallen. Die Displaygröße ist ein wenig größer als bei der fenix 6, löst aber mit mehr Pixeln auf.

Die Kameraremotefunktion ist ein nettes Gimmick, wenn man Selfies machen möchte. Ausgelöst folgt ein 3 Sekunden-Timer und das Foto wird normal in der Handybildergalerie gespeichert.

Fazit

Am Ende steht ein Fazit, das eigentlich schon zur Bestellung fast klar war:
Keine 30€-Uhr der Welt kann das bieten, was eine für das Drei-/Zehn- oder Dreißigfache des Geldes kann- das sollte klar sein.

Die Verarbeitung ist ok, die Akkulaufzeit auch, Funktionen sind reichlich vorhanden, aber eben nur im abgespeckten Umfang. Alles was Geld kostet, wurde weggespart. Aber das ist auch logisch- selbst bei billigsten Lohnkosten bei der Herstellung gibt es nun mal Bauteile, die den Preis nach oben treiben.

Das schlägt sich auch in der Software nieder: Ja, sie ist übersichtlich, aber wenn es mehr Hauptmenüpunkte für Einstellungen gibt als für die Datenanzeige der Aktivitäten, sagt das schon einiges aus….Übersetzungsfehler, fehlender Support, keine Community, die helfen könnte.

Ein Gesamtpaket, dass man gut mit einen Tata Nano vergleichen kann: Dieser hat vier Räder, ist günstig und man kann damit fahren. Mehr aber auch nicht. Und wenn man denkt, diese Uhr kann ein Markenprodukt ersetzen, der erlebt ein ähnliches Ergebnis wie eben der Nano im Crashtest….

Dennoch: Ganz so schlecht ist es am Ende trotzdem nicht: Wer sich mit einer gewissen Grundausstattung zufrieden gibt, wer eine Uhr sucht um Nachrichten am Handgelenk zu lesen oder sogar Telefonate zu führen, wem einfache Bio-Aufzeichnungen- und Auswertungen reichen, der kann bedenkenlos zur TEMU-Uhr greifen.

Wer mehr Komfort haben möchte, der sollte mehr Geld in die Hand nehmen und z.B. bei Kleinanzeigen suchen. Dort findet man recht gute Einsteigeruhren zu einen guten Satz, wie z.B. die Garmin Vivoactive, die selbst als altes Modell noch wirklich gut zu gebrauchen ist.

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Comments (2)

    • Nein, das kann die Uhr nicht. Für eine verlässliche Blutdruckmessung würde ich selbst immer ein richtiges Gerät mit Manschette vorziehen

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