Oft musste ich mir anhören, dass ich für spontane Touren nicht wirklich verfügbar bin.
Zu groß sei die Koordination mit Job, Familie. Doch am 10.08.2022 wollte ich es einfach durchziehen. Die Route plante ich mit einem Kameraden knapp eine Woche vorher und die Durchführung haben wir auf den 10.08.2022 gelegt.
Der Wetterbericht sprach von wolkenlosem Himmel und Temperaturen um die 25 Grad. Was sollte da noch großartig schief gehen? Wo wollten wir hin? Natürlich auf den Hochvogel, ein eindrucksvoller Berg der 2.592 Meter hoch ist und der dreizehnthöchste Gipfel der Allgäuer Alpen. Die Form des Berges dominiert die Gegend.
In die Schlagzeilen gekommen ist dieser Berg, weil sich ein Teil davon „losgelöst“ hat und somit im Bereich des Gipfels ein riesiger Felsspalt entstanden ist.
Anfahrt & Parken
Anfahrt
Autobahn BAB7 Fahrtrichtung Kempten, Autobahndreieck Allgäu auf BAB980, danach Abfahrt auf die B19 in Fahrtrichtung Oberstdorf, in Sonthofen in Richtung Oberjoch, bis zur Ortschaft Bad Hindelang, Ortsteil Hinterstein
Parken & Co.
Die Gemeinde Bad Hindelang war vor ein paar Jahren in den Schlagzeilen, dass man den Besucherzustrom klar regulieren wollte. Zu oft parkten die Touristen die Straßen zu. Der Parkzeitraum gilt hier für ein Tagesticket immer von 07:00 Uhr – 22:00 Uhr, welches 10€ kostet, egal ob ihr die Parkautomaten oder die App nutzt.
Das wird auch streng kontrolliert. Alternativ dazu verkehren zu den Zeiten Linienbusse.
Es stehen Parkautomaten, als auch die Onlinelösung „Parkster“ zur Verfügung. Wer jetzt denkt clever zu sein, auch die Parkster App funktioniert nur in obigem Zeitraum.
Es lohnt sich aber im Vorfeld ein wenig zu googeln oder einfach auf gut Glück zu fahren, denn es gibt in Hinterstein den einen oder anderen findigen Grundstückbesitzer, der auch Tagestickets anbietet. Somit kann man auch zu frühen Zeiten (Early Birds like us) bereits sein Fahrzeug abstellen. Denkt bitte einfach nicht nur an euch, sondern bleibt fair.
Die Tourbeschreibung
Phase I vom Parkplatz bis zum Prinz Ludwig Haus
Die Tour beginnt am Parkplatz „Auf der Höhe“ in Hinterstein und man bewegt sich die ersten 8 Kilometer auf der Giebelstraße an der Ostrach entlang, bis man zur Giebelhütte gelangt. Dort hat man die Möglichkeit auf der Straße zu bleiben oder rechts auf einen Feldweg abzubiegen. Wir haben uns für diese Möglichkeit entschieden und diese ein paar hunderte Meter später bereut. Der Hang war abgerutscht und es war ein reiner Hindernislauf da durchzukommen. Bleibt auf der Straße und lauft bis Kilometer 10,9. Da geht es dann via Wegweiser direkt in den Wald. Da wird das Prinz-Ludwig-Haus bereits ausgeschildert.
Ab jetzt befindet ihr euch im Bergwald, der Weg ist sehr gut zu gehen und bei Kilometer 11,5 wartet ein wunderschöner Naturwasserfall auf euch.
Weiter geht es bergauf, über saftige Kuhweiden und Almen bis ihr bei Kilometer 14 am Prinz-Ludwig-Haus ankommt. An dem Haus, die dem Deutschen Alpenverein gehört, könnt ihr übernachten, euch stärken oder einfach nur ein wenig ausruhen. Dort wird gerade angebaut, ich bin mal gespannt wie die Hütte beim nächsten Besuch aussieht.
- Verlinkung zur Homepage Prinz-Ludwig-Haus (https://www.prinz-luitpoldhaus.de/cms/
- Verlinkung über den DAV: https://dav-allgaeu-immenstadt.de/huetten/prinz-luitpold-haus/
Hier haben wir auch schon Phase I unserer Wanderung erreicht. Nach einer kurzen Stärkung und dem obligatorischen Schuhwechsel haben wir mit der Phase II begonnen.
Phase II vom Prinz-Ludwig-Haus – Hochvogel – Prinz-Ludwig-Haus
Die Phase II führte uns vom Prinz-Ludwig-Haus auf den Hochvogel und wieder zum Prinz-Ludwig-Haus zurück.
Der Weg in Richtung Hochvogel beginnt ganz entspannt und teilt sich in der Nähe eines Rinnsales auf. Eine Möglichkeit bietet der Weg über die Kreuzspitze (2367m) mit der Schwierigkeit T4, die Alternative nennt sich Kalter Winkel und hat die Schwierigkeit T3. Wir haben uns für den Kalten Winkel entschieden und stiegen langsam über alpines Gelände bis zu Kilometer 16,2 zur Scharte auf. Von da an bewegten wir uns im Gebiet des Kalten Winkels. Eine gute Mischung aus Geröllfeldern und leichten Klettereinlagen.
Der Weg ist hervorragend markiert und es sind sehr gute Tritthilfen eingelassen. Nach knapp 1 Kilometern kamen wir an dem Punkt an, wo wir auf den Weg über die Grabenspitze trafen. Somit kann man das als gemeinsamen Ausgangspunkt sehen. Weiter geht’s mit dem Aufstieg, bei dem es um einige kleinere Klettereinlagen geht.
Wer nicht schwindelfrei ist, sollte es sich überlegen, da zwei Punkte dabei sind, wo man über Knie steigen muss. Nach 18,9 Kilometern haben wir schließlich den Gipfel des Hochvogels erreicht.
Was für ein Augenöffner, was für eine Aussicht. Das Ganze bei absoluter Windstille, wolkenlosem Himmel und einer fantastischen Fernsicht. Ich muss sagen, für mich derzeit eines der schönsten Gipfelpanoramen. Wow! Hier kann man im Bereich des Gipfels auch die Messstationen der Wissenschaftler entdecken, die den Gipfel des Berges überwachen.
Einsatz der Drohne
Da der Gipfel des Hochvogel auf österreichischer Seite liegt, wurde kurz mit der App des ÖAMTC geprüft ob man fliegen darf. Da es keine Einschränkungen gab, ließen wir meine DJI Mini 2 steigen. Es sind fantastische Bilder und Quickshots dabei herausgekommen.
Nach den obligatorischen Gipfelfotos, dem Eintrag ins Gipfelbuch und dem Genießen der grandiosen Rundumsicht, ging es dann auch schon auf selbigen Wegen zurück. Da wir an diesem Tag die ersten auf dem Gipfel waren, kamen uns beim Abstieg auch schon die ersten drei Wanderer entgegen. An diesem Tag waren das die ersten Wanderer die wir gesehen haben. Die Frequenz an Bergwanderern stieg ab jetzt rasant, so dass man in Ansätzen erahnen konnte, wie beliebt dieser Gipfel ist. Da wir denselben Weg nahmen wie auf den Berg gestaltete sich der Rückweg über den Kalten Winkel ähnlich rutschig und abschüssig, wie der Hinweg. Bei Kilometer 21,7 waren wir wieder am Prinz-Ludwig-Haus angelangt.
Dort rasteten wir und nahmen ein paar kühle Kaltgetränke zu uns. Die Wirtsleute sind sehr freundlich, wir haben viel zu lachen gehabt, die Stimmung war sehr gut. Als kleines Highlight konnten wir dem Hubschrauber zusehen, wie er mit wilden Manövern Baustoffe auf die Hütte brachte.
Wir hatten jetzt zwei Möglichkeiten – den direkten Abstieg über die Giebelstraße oder den sogenannten Jubiläumsweg. Na, welchen weg haben wir wohl gewählt? Richtig und schon sind wir bei Phase III.
Phase III – der Jubiläumsweg bis zum Schrecksee
Nach einer guten halben Stunde entschieden wir uns den Jubiläumsweg bis zum Schrecksee zu gehen. Noch entspannten wir auf der Terasse, genossen das Getränk und schauten auf die Punkte auf der grünen Wiese. Da mussten wir jetzt rauf. Puh, das sah am Anfang schon verdammt anstrengend aus.
Hilft ja nix, auf geht’s! Die nächsten 10 Kilometer waren etwas zäh. Zuerst heißt es auf Höhe kommen und dann dieser schier endlos wirkende Jubiläumsweg. Ein Blick auf die Beschreibung hilft hier auf jeden Fall im Vorfeld weiter. Unterschätzt den Weg nicht.
Das anstrengende ist nicht die Höhe, die sich permanent zwischen 1800 und 2000 Metern bewegt. Es ist die Strecke die man zurück legt und gefühlt um 5 Berge herumläuft. Landschaftlich gibt es absolut nichts zu meckern.
Hat man die erste Höhe erreicht, geht es nach einer Steintreppe fast ausschließlich gediegen weiter. Hier haben wir auch einige Familien mit Kindern getroffen. Bei 31,1 Kilometern tauchte er dann endlich auf … der Schrecksee, Hotspot aller Insta-Joschies. Man kann an diesem wunderschön gelegenen Bergsee einfach nur entspannen oder tolle Aufnahmen machen. Ob man in dem See schwimmen darf, kann ich nicht sagen. Schilder waren keine aufgestellt und wir haben tatsächlich ein paar Mutige gesehen die sich getraut haben, ins kalte, klare Wasser zu springen.
Somit wurde dann auch das Ziel der Phase III nach Kilometer 31 erreicht. Ein kurzes Verschnaufen und ab zur letzten Etappe.
Phase IV – Vom Schrecksee bis Hinterstein
Nach knapp 33 Kilometern und einigen Höhenmetern dachten wir schon, dass die letzten Kilometer entspannter werden würden. Doch mein Begleiter schmunzelte nur und sagte, dass wir viele Höhenmeter talwärts auf einer relativ kurzen Strecke hinter uns bringen mussten. Gesagt, getan. Was nun die nachfolgenden 5 Kilometer folgte fand ich überhaupt nicht toll. Das war gefühlt der mit Abstand schlechteste Bergweg, den ich je gegangen bin. Rutschig, große Brocken mit Rollsteinen und steil. Ich war mit Sicherheit nicht der einzige de geflucht hat. Nicht zu vergessen ist jedoch immer wieder die schöne Landschaft und das Bergmassiv von dem man herunter kommt. Hier hat auch meine Lust zu fotografieren deutlich nachgelassen, da bin ich ehrlich.
Nachdem dieses Stück geschafft war kam das letzte Teilstück, auf der Giebelstraße zurück nach Hinterstein zum Parkplatz. Dies gestaltete sich als deutlich entspannter, vor allem nachdem wir wieder auf leichtere Trailschuhe gewechselt haben. Und so erschlossen sich uns die letzten Kilometer zwar wie sie begonnen hatten, auf Asphalt, jedoch überwog das Gefühl diese Tour geschafft zu haben letztendlich mehr.
Somit konnten wir nach 13 Stunden und 17 Minuten diese Tour erfolgreich abschließen.
Fazit
Ich empfand die Tour als hart, aber dennoch wunderschön.
Die Abwechslung was die Landschaft, die Wege und auch dieser spezielle Gipfel bietet, ist einfach klasse.
Wenn man natürlich bedenkt, dass viele Leute diese Tour auf 2-3 Tage aufteilen, dann kann man das sicher anders und weit mehr genießen als wir. Auf einer Wertungsskala würde ich 4 von 5 geben.
Der Punkt Abzug bezieht sich auf die letzte Phase der Wanderung und die meiner Meinung nach strikte Haltung gegenüber Bergsportlern. Gerade solchen „Early-Birds“ wie wir es sind , würden solche Touren vorenthalten bleiben.
Ich kann dieses Wandergebiet, als auch diese Tour ohne schlechtes Gewissen weiter empfehlen.
Höhenmeter bis zum Ziel
2370m bergauf, 2430m bergab
Streckenlänge
37,9km
Dauer
Gehzeit inkl. kurzer Pausen: ca. 13h20min